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Collaborative Atorvastatin Diabetes Study (CARDS , August 2004)
Statistischer Steckbrief

(das Studien-Zertifikat des Grundversorgers "von unten nach oben" bzw.
ein Plädoyer für eine einheitliche Kurzdarstellung von Studienresultaten)
CVD-PRIMÄRPRÄVENTIONSSTUDIE (Intention-to-treat) bei 2838 Typ-2-Diabetikern im Alter von 40-75 Jahren aus Grossbritannien und Irland (Lancet 21. Aug 2004; 364: 685-96. Helen M et al)
Die Hinzugabe von 10 mg Atorvastatin (Sortis) pro Tag (zusätzlich zu einer zur adäquaten Lipidkontrolle notwendigen Statintherapie bei durchschnittlich 9% der Patienten im Placeboarm, Verumarm diesbezüglich leider nicht genau beschrieben) führte zur einer signifikanten Reduktion kardiovaskulärer Erstmanifestationen (Primäre Endpunkte 83/1428 Verum vs 127/1410 Placebo) während einer Studienlaufzeit von median 3.9 Jahren bei Typ-2-Diabetikern mit vergleichbarer Blutzucker-Einstellung (durschnittliches HbA1c 7.81% Placebo vs. 7.87%), Lipidkontrolle (LDL 3.02 Placebo vs 3.04 mmol/l Verum) und Blutdruckeinstellung (144/83 mmHg Verum und Placebo).
Primärer Endpunkt waren das Auftreten einer der folgenden tödlichen oder nicht tödlichen kardiovaskulären Krankheiten (fatal/non fatal CVD, "schwere Herzkreislaufkrankheiten", in der Tabelle unten mit "krank" k bezeichnet): akutes koronares Ereignis, koronare Intervention oder Stroke.
In die Studie eingeschlossen wurden Patienten, deren Typ-2-Diabetes seit mindestens 6 Monaten bestand und zudem mindestens einer der folgenden Risikofaktoren vorlag: Hypertonie ≥ 140/90 mmHg, Retinopathie, Maculopathie, Mikro-& Makroalbuminurie oder aktives Rauchen (≥ 10 Zigaretten/d).
Von der Studie ausgeschlossen wurden Patienten mit anamnestischen CVD's (St.n. Myokardinfarkt, Angina pectoris, coronaren Eingriffen, Strokes und schweren, operationsbedürftigen art. Verschlusskrankheiten), schlechter BZ-Einstellung (HbA1c > 12%), Hyperlipidämie (LDL > 4.14 , TGL > 6.78 mmol/l) oder einer Niereninsuffizienz (Creatinin > 150 µmol/l) .

Statistischer Steckbrief: berechnet anhand des Risikokalkulators www.kardiolab.ch/riskcalc_JSI.html
CARDS "krank" k "gesund" g QuerSumme
Risiko
Rate
(risk)
Risiko
Odds
(hazard)
Hypothesen testen mit
Fisher's exact Test
Chi2-Test
Verum :
Atorvastatin 10mg/d x 3.9 J
mk
83
mg
1345
QS1=mk + mg
1428
R1=mk/QS1
0.0581
[0.0471;0.0715]
H1=mk:mg
0.0617
 
  
Placebo : ok
127
og
1283
QS2=ok+og
1410
R2=ok/QS2
0.0901
[0.0762;0.1061]
H2=ok:og
0.0990
 
Signifikanztest
H0 ablehnen
 
SenkrechtSumme SS :
Hypothese H0

"Urne"
SS1=mk+ok

210
SS2=mg+og

2628
TOTAL

2838
PV=SS1/TOTAL

0.0740
[0.0649;0.0842]
PV=SS1:SS2

0.0799
 
Fisher's
p = 0.000716
Fehler 1.Art
α = 0.000716
2α= 0.001432
Sicherheit
1-α = 0.999284
Χ2 = 10.106909

    p(2α) <0.005 , >0.001
Odds O
und Risiko-
Relationen
O1=mk:ok
0.6535
O2=mg:og
1.0483
Odds Ratio
OR=O1/O2
0.6234*
[0.4679;0.8307]
Relatives Risiko
RR=R1/R2
0.6448**
[0.4943;0.8425]
Hazard Ratio
HR=H1/H2
0.6232*
wie OR
  
δ-Kollektiv
hypothetisches
"Placebo mit H0-Aequivalenz"
δk_A
104
δg_A
1306
δQS_A
1410
δR_A
0.0738
[0.0612;0.0886]
  Aequivalenztest
HA ablehnen bzw.
H0 beibehalten
 
Verum + δ-Kollektiv
Hypothese HA
SS1_A

187
SS2_A

2651
TOTAL_A

2838
PV_A

0.0659
[0.0573;0.0756]
  Fisher's
p = 0.054381
power
1-β = 0.945619
Fehler 2.Art
β = 0.054381
 
* Rundungsfehler. OR und HR sind mathematisch identische Risikorelationen und berechnen sich am exaktesten durch die Division der Kreuzprodukte (mk*og)/(ok*mg), als Kettenrechnung 83*1283/127/1345 = 0.623417.. mit Rundung erst am Ende des Rechenprozesses (gilt besonders auch für Rechenprogramme, die eigentlich erst das Endresultat auf eine leserliche Anzahl Dezimalstellen runden sollten)
** Rundungsfehler. Der wahre Wert von RR (relative Risk) berechnet sich durch die Division der Kreuzprodukte (mk*QS2)/(ok*QS1), als Kettenrechnung 83*1410/127/1428 = 0.645305..

Die Mathematische Beziehung zwisch den "Risikowährungen" risk (R, die gewohnte Denkweise im deutschsprachigen Raum) und odds (O, vor allem angelsächsischer Raum)
lautet → 0 = 1/((1/R)-1) bzw. R = 1/((1/0)+1) ,
gilt aber nicht für deren Risikorelationen RR und OR !!
Risiko-Währungswandler , bidirektionaler Rechner : Das leere Eingabefeld wird berechnet ! Risiko in absoluten Zahlen und nicht in Prozenten eingeben.
risk R =     odds O =    
In welcher Risikowährung (risk R oder hazard H) soll man den Risikovergleich in Random Control Studien (RCS) vornehmen ?

Risiko-Relationen   Risiko (risk, R)   Risiko (hazard, H)   Kennzahlen für
Primären Endpunkt
im Reprint-Artikel
Relatives Risiko   Relative Risk R1/R2
RR = 0.6453
[0.4943;0.8425]
   Hazard Ratio
HR = 0.6234
[0.4679;0.8307]
   HR = 0.63
[0.48;0.83]
Relative Risikoreduktion   Relative Risk Reduction
(R2-R1)/R2 = 1-RR
RRR = 0.3552
   Relative Hazard Reduction
(H2-H1)/H2 = 1-HR
RHR = 0.3768
   RHR = 0.37
[0.17;0.52]
Absolute Risikoreduktion   Absolute Risk Reduction
R2-R1
ARR = 0.0320
   Absolute Hazard Reduction
H2-H1
AHR = 0.0373
   nicht erwähnt
Number Needed to Treat   1/ARR
NNT = 31.25
   1/AHR
NNT = 26.81
   NNT = 27

Analog der Finanzwelt, die die Ertragskraft eines Konzerns auf verschiedenen Ebenen (EBIT, EBITD oder EBITDA) beschreibt und man sich Klarheit darüber verschaffen muss, welchen Parameter genau nun man eigentlich beim Studium von Konzernbilanzen beurteilt, sollte man sich in der Risikostatistik bei der Bewertung einer so zentralen Kennzahl wie die NNT Klarheit verschaffen, in welcher Risiko"währung" (Risk bzw. Odds oder Hazard) diese berechnet wurde. Wenn also der Begriff "AHR" (absolute Hazard Reduction) in den Studien üblicherweise nie oder einfach unter dem Begriff ARR (absolute Risikoreduktion) angewandt wird, wäre es vielleicht an der Zeit, diesen (sofern man mit Hazards rechnet) an Stelle von ARR zu benutzen. Zur Veranschaulichung, welch unterschiedliche Werte je nach gewählter "Risikowährung" die zentralen Kenngrössen NNT und RRR annehmen können, bediene man sich des folgenden Risikokalkulators.

RISIKOKALKULATOR : Anhand der beiden Risikokennzahlen RRR und NNT lässt sich die Risikosituation adäquat beschreiben. Die Relative Risikoreduktion (RRR) ist ein Mass für die Wirkungseffizienz (bzw. das Schadenspotential bei negativen Werten) eines Medikaments. Die Number Needed to Treat (NNT) ist ein Allokationsmass, das von der Grösse des Bezugsrisikos (R2 bzw. H2, Plazebo) abhängt ("Inzidenz-Abhängigkeit von NNT"). Sie gibt an, wie viele Patienten behandelt werden müssen, bis ein Endpunktereignis eintritt. Eine negative NNT entspricht einer Number Needed to Harm (NNH). Die Berechnung dieser Kennzahlen in der Odds-Währung (hazard) überzeichnet gegenüber deren Berechnung in der Risk-Währung die Wirk-/Nebenwirkungspotenz eines Medikamentes.

Risiko -
"Währung"
  Bezugs-Risiko
(Placebo)
  Relative
Risikoreduktion
(Wirkungsgrösse)
  Number Needed
to Treat
(Allokationsgrösse)
  Risiko
(Verum)
  Kalkulation  Results
   
Risiko als Rate
risk , R
  R2
  RRR
  N N T
  R1
 
Risiko als Odds
hasard , H
  H2
  RHR
  N N T
  H1
 
LEARNING POINTS:
• Bei der Bewertung von statistischen Risiken sollte man sich unbedingt Klarheit darüber verschaffen, in welcher Risiko-Währung "Risikoraten (risk) bzw. Risiko-Odds (hazard)" sie berechnet wurden. Dies gilt besonders für die Gewichtung der relativen Risikoreduktion (RRR, Wirkparameter) und der Numbert-to-Treat (inzidenzabhängiger Allokationsparameter).
• Eine statistische Studienbewertung allein aufgrund des Signifikanz-Testes ohne Kenntnis von β-Fehler und power ist unvollständig.

BEMERKENSWERTES zum Studieninhalt :
• Bei Fällen mit einem ≥3-fachen Transaminasen- oder einm ≥ 10-fachen CPK-Anstieg wurde die Prüfmedikation abgesetzt. Totz dieser hoch angesetzten Sicherheitsschranken wurden keine Rhabdomyolysen registriert. Die Statine waren ingesamt jedoch nicht maximal dosiert.
• Die Frage, ob die zur Lipidkontrolle notwendige Basistherapie in Verum- und Placebogruppe evt. nicht doch ein schwerwiegender "Confounder" darstellt, ist in der mir voliegenden Studienveröffentlichug nicht eindeutig beantwortet.

FAZIT :
Gute Studie mit übersichtlich präsentiertem Zahlenmaterial von eindeutiger Signifikanz bei hoher Power, welche die Verumgruppe gegenüber einem hyothetischen Plazeborisiko bis hinab zu 104/1410 noch zu unterscheiden vermag. Als Orientierung: üblicherweise werden im Aequivalenztest Fehler 2.Art von 10-20% akzeptiert. Die Studie wurde so denn auch 2 Jahre früher als geplant beendet.

Dr. med. Franz Paul Ackermann-Ball
Spezialarzt FMH für Innere Medizin
Ziegelfeldstr. 30 , CH-4600 OLTEN
franzackermannball@freesurf.ch

11.09.2005